Steckbrief: Tellur

Informationen zum Element:

Bezeichnung

127,6
  Te
52

Symbol: Te

Internationale Bezeichung (IUPAC): Tellurium

Ursprung: Tellur (lat. tellus Erde) ist ein seltenes chemisches Element mit dem Symbol Te und der Ordnungszahl 52 im Periodensystem der Elemente. Seine Häufigkeit entspricht ungefähr der von Gold, mit dem es auch verschiedene Verbindungen eingeht, die in der Natur als Minerale auftreten. Es befindet sich in der 5. Periode des Periodensystems der Elemente und ist das vierte Element der 16. Gruppe (beziehungsweise 6. Hauptgruppe) und ist somit ein Chalkogen (Erzbildner).
Kristallines Tellur ist ein silberweißes, metallisch glänzendes Halbmetall, das im Aussehen Zinn und Antimon ähnelt. Es reagiert spröde auf mechanische Belastung und kann daher leicht pulverisiert werden. In chemischen Verbindungen mit Nichtmetallen steht es in seinem Verhalten Schwefel und Selen nahe, in Legierungen und intermetallischen Verbindungen zeigt es jedoch sehr ausgeprägte (halb-)metallische Eigenschaften.

Bedeutung: tellus = Erde

Daten Periodensystem

Tellur

Periode: 5

Gruppe: 16 (VI A)

Gruppenname: Chalkogene

Oxidationszahl: 4, (6, -2)

Atommasse [u]: 127,6

Elektronegativität

Elektronegativität (nach Allred): 2

Elektronegativität (nach Pauling): 2,1

Physikalische Daten

Tellur

Aggregatzustand (20°C): fest

Dichte [g/cm2]: 6,232

Radioativ: n

Schmelztemperatur [°C]: 450

Siedetemperatur [°C]: 988

Kristallstruktur: trigonal

Verwendung im Alltag

  • Geschichte: Tellur wurde 1782 von dem österreichischen Chemiker und Mineralogen Franz Joseph Müller von Reichenstein (1740–1825) bei Untersuchungen von Gold-Erzen aus der Grube Mariahilf bei Zlatna (dt. Klein Schlatten, ung. Zalatna) nahe Sibiu (dt. Hermannstadt, Siebenbürgen, Rumänien) entdeckt, die eine geringere Goldausbeute als erwartet erbrachten. Er war durch die wissenschaftliche Abhandlung Nachricht vom gediegenen Spiesglaskönig in Siebenbürgen von Ignaz von Born (1742–1791) auf die Erze aufmerksam geworden. (Spiesglaskönig bezeichnet gediegenes Antimon, Spiesglas ist eine alte Bezeichnung für das Mineral Antimonit (Stibnit, Grauspießglanz Sb2S3)). Von Born hielt das gediegene Metall in den Golderzen für Antimon und führte die geringe Ausbeute auf eine Verbindung des Goldes mit Antimon zurück. Müller von Reichenstein widersprach dieser Ansicht und hielt es zunächst für geschwefelten Wismuth. Nach weiteren Untersuchungen, deren Ergebnisse er zwischen 1783 und 1785 in einer vierteiligen Abhandlung publizierte, schloss er jedoch auch Bismut aus, da das Metall, im Gegensatz zu Antimon und Bismut, praktisch nicht mit Schwefelsäure reagierte. Er verlieh der metallischen Phase den Namen metallum problematicum (auch aurum problematicum beziehungsweise aurum paradoxum). Nach heutiger Erkenntnis besteht es neben gediegenem Tellur aus den Mineralen Nagyágit (Blättererz, AuPb(Pb,Sb,Bi)Te2–3S6) und Sylvanit (Schrifttellur, (Au,Ag)Te2). Müller von Reichenstein vermutete, dass metallum problematicum ...vielleicht ein neues bisher noch nicht gekanntes Halbmetall seye?, wollte seine Befunde jedoch erst von dem schwedischen Mineralogen und Chemiker Torben Olof Bergman (1735–1784) bestätigen lassen. Im Jahr 1783 schickte er Proben des Erzes zur Begutachtung an Bergman, jedoch verstarb dieser 1784 und die Untersuchungen an metallum problematicum wurden 1785 vorerst eingestellt.
    Erst zwölf Jahre später, im Jahr 1797, erhielt Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) in Berlin Proben der Erze von Müller von Reichenstein. Klaproth bekräftigte die Schlussfolgerungen aus Müller von Reichensteins Untersuchungen und sah genügend Hinweise für die Entdeckung eines neuen Elements. Im Januar 1798 würdigte Klaproth die Verdienste Müller von Reichensteins in einem Vortrag und schrieb ihm die Entdeckung des neuen Elements zu. Da Müller von Reichenstein dem Element keinen Namen gegeben hatte, entschied sich Klaproth für den Namen Tellur (lat. tellus: Erde): Zur Ausfüllung dieser bisherigen Lücke in der chemischen Mineralogie lege ich hier meine mit diesen kostbaren Erzen angestellten Versuche und Erfahrungen dar, deren Hauptresultat in der Auffindung und Bestätigung eines neuen eigenthümlichen Metalls besteht, welchem ich den von der alten Mutter Erde entlehnten Nahmen Tellurium beylege. Die originalen Handstücke des Probenmaterials von Klaproth befinden sich heute im Museum für Naturkunde in Berlin.
    Unabhängig von Müller von Reichenstein und Klaproth entdeckte 1789 der ungarische Chemiker und Botaniker Paul Kitaibel (1757–1817) das Tellur bei Untersuchungen von Golderzen aus dem Bergbauort Nagybörzsöny (Deutsch-Pilsen) in Ungarn. Klaproth erwähnte in seinem veröffentlichten Vortrag jedoch nur Müller von Reichenstein, obwohl er seit 1796 durch ein Manuskript Kitaibels auch Kenntnis von seinen Untersuchungen hatte. In einem Brief an Kitaibel erklärte Klaproth, der Inhalt des Manuskripts sei ihm entfallen und er habe bei den Untersuchungen der Erze Müller von Reichensteins keinen Zusammenhang mit seiner Arbeit gesehen. Klaproth überzeugte Kitaibel schließlich, dass die Entdeckung des Tellurs allein Müller von Reichenstein zugeschrieben werden sollte, da dieser bereits einige Jahre früher dieselben Beobachtungen an dem neuen Element machte.
    Das Elementsymbol Te wurde 1814 von Jöns Jakob Berzelius (1779–1848) vorgeschlagen und wird bis heute verwendet. Die erste Strukturaufklärung von kristallinem Tellur mit Hilfe der Röntgenbeugung erfolgte 1924.
  • Physikalische Eigenschaften: Kristallines Tellur ist ein intrinsischer direkter Halbleiter mit einer Bandlücke von 0,334 eV. Die elektrische Leitfähigkeit lässt sich wie bei allen Halbleitern durch Temperaturerhöhung oder Belichtung steigern, dies führt bei Tellur jedoch nur zu einem geringen Anstieg. Die elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit verhält sich bei Tellur richtungsabhängig, das heißt anisotrop. Kristallines Tellur ist ein weiches (Mohshärte 2,25) und sprödes Material, das sich leicht zu Pulver verarbeiten lässt. Durch Druckerhöhung wandelt sich Tellur in weitere kristalline Modifikationen um. Oberhalb von 450 °C geht Tellur in eine rote Schmelze über, bei Temperaturen über 990 °C liegt Tellur als gelbes diamagnetisches Gas aus Te2-Molekülen vor. Bei Temperaturen über 2000 °C zerfallen die Te2-Moleküle in einzelne Atome.
  • Chemische Eigenschaften: Kristallines Tellur ist unlöslich in Wasser und schlecht löslich in den Mineralsäuren Salzsäure und Schwefelsäure sowie in Laugen. Gut löslich ist es hingegen in Salpetersäure, da diese ein sehr starkes Oxidationsmittel ist und elementares Tellur zu Telluraten mit der stabilen Oxidationsstufe +IV oxidiert. Tellurschmelzen greifen Kupfer, Eisen und rostfreien Edelstahl an.
    In Verbindungen mit Nichtmetallen verhält sich Tellur wie das leichtere Gruppenmitglied Selen. An Luft verbrennt es in einer grün gesäumten, blauen Flamme zu Tellurdioxid TeO2.
    Tellur reagiert spontan mit Halogenen unter Bildung von Tellurhalogeniden. Bemerkenswert ist hierbei, dass Tellur im Gegensatz zu den leichteren Homologen Selen und Schwefel auch thermodynamisch stabile Iodide bildet, darunter Telluriodid TeI mit der Oxidationsstufe +I. Mit unedlen Metallen wie zum Beispiel Zink reagiert es heftig zu den entsprechenden Telluriden.

Vorkommen und Häufigkeit

Vorkommen: Tellur ist ein selten vorkommendes Element; sein Anteil an der Erdkruste beträgt ca. 0,01 ppm (g/t). Mit Gold, untergeordnet auch mit Silber, Kupfer, Blei und Bismut sowie den Platinmetallen kommt es selten gediegen, also in elementarer Form in der Natur, vor. Gediegenes Tellur gehört als Mineral zur Gruppe der Elemente, genauer der Halb- und Nichtmetalle und wird in der Systematik der Minerale nach Strunz unter der Nummer I/B.03-40 beziehungsweise 1.3.4.2 nach Dana geführt. Spuren bis hin zu größeren Mengen an Selen können in gediegenem Tellur enthalten sein (Selentellur). Obwohl es sich bei Tellur um ein seltenes Element handelt, ist eine relativ große Anzahl von Mineralen bekannt, denn Tellur bildet eigene Minerale, weil es nur selten in Sulfiden oder Seleniden beziehungsweise Sulfaten oder Selenaten eingebaut wird; für diese Kristallgitter der leichteren Homologen ist es zu groß.
Umgekehrt dagegen vertreten die beiden leichteren Homologen häufiger das Tellur auf seinen Gitterplätzen in Kristallstrukturen tellurhaltiger Minerale. Tellur zeigt von allen Elementen die höchste Affinität zu Gold und findet sich daher in der Natur häufig in Form von Gold-Telluriden, Mineralen mit Tellurid- (Te2?) beziehungsweise Ditellurid-Anionen (Te22?). Neben Gold und anderen Edelmetallen bilden vor allem Blei und Bismut weitere natürliche Telluride, oft begleitend (Paragenesen) zu den gediegenen Metallen und Gold-Erzen. Seltener sind Minerale mit Te4+-Kationen (Tellur-Oxide und Oxotellurate(IV)) in der Kristallstruktur. Im Jahr 2007 sind insgesamt 155 tellurhaltige Minerale bekannt, von denen 132 durch die International Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Minerale anerkannt sind.
Minerale mit Te6+-Kationen sind äußerst selten, es sind 21 Minerale bekannt, die größtenteils Kupfer und Blei enthalten. Neben den genannten Mineralen existieren in der Natur sogar gemischtvalente Tellurminerale, darunter das Calcium-Oxotellurat(IV,VI) Carlfriesit CaTe3O8 mit einem Te4+:Te6+-Verhältnis von 2:1.
Tellurhaltige Minerale sind für die technische Gewinnung von Tellur ohne Bedeutung, da sie zu selten vorkommen und praktisch keine abbauwürdigen Lagerstätten existieren. Zu den bekannten Fundorten von gediegenem Tellur beziehungsweise tellurhaltiger Minerale zählen neben der Typlokalität Zlatna (Siebenbürgen, Rumänien) auch Moctezuma (Mexiko), Cripple Creek (Colorado), Kalgoorlie (Australien) und Calaveras (Kalifornien).

    Häufigkeit: 1,00 ⋅ 10-6 % (prozentualer Massenanteil der Erdhülle, d.h. der Erdkruste/Ozeane bis 16 km Tiefe)

    Geschichte

    Entdeckung: 1782

    Entdecker: Franz Joseph Müller von Reichenstein

    Isotope

    • 120Te (0,096 %, radioaktiv, Halbwertszeit: 2,2 ⋅ 1016 a, 68 Neutronen)
    • 122Te (2,603 %, stabil, 70 Neutronen)
    • 123Te (0,908 %, radioaktiv, Halbwertszeit: >1 ⋅ 1013 a, 71 Neutronen)
    • 124Te (4,816 %, stabil, 72 Neutronen)
    • 125Te (7,139 %, stabil, 73 Neutronen)
    • 126Te (18,952 %, stabil, 74 Neutronen)
    • 128Te (31,687 %, radioaktiv, Hablwertszeit: 7,2 ⋅ 1024 a, 76 Neutronen)
    • 130Te (33,799 %, radioaktiv, Halbwertszeit: 7,9 ⋅ 1020 a, 78 Neutronen)

    Bilder (mit freundlicher Genehmigung von http://www.smart-elements.com):

    TellurTellurTellurTellur

    Schalenmodell nach Bohr

    Tellur

     
    hoch
    Selen
     
     
    links
    Antimon
    Tellur 
    rechts
    Iod
     
    runter
    Polonium